2011 09 24 01Unser diesjähriger Vereinsausflug führte uns in den Landkreis Märkisch-Oderland. Ziel war die Stadt Bad Freienwalde sowie das Brandenburgische Freilichtmuseum Alt Ranft. Gut gelaunt und erwartungsvoll nahmen wir in einem komfortablen Reisebus Platz, der auf dem Zossener Marktplatz für uns bereitstand. Schon der Morgen deutete mit wolkenlosem Himmel und strahlendem Sonnenschein darauf hin, dass auch das Wetter mitspielen würde. Bei ihrer Begrüßung meinte Frau Andrae: „Ja, wie heißt es so schön? Wenn Engel reisen…”

Während der Fahrt gab Herr Stuck nicht nur Einzelheiten über den Ablauf der Tour bekannt, sondern vermittelte uns vor allem auch Wissenswertes über landschaftliche Besonderheiten des Barnims sowie die Entwicklung der Stadt Freienwalde. Nach dem Verlassen der Autobahn zwang uns eine Umleitung, von der geplanten Route abzuweichen. Der Weg führte nun über teils enge, oft holprige Landstraßen, doch unser Fahrer steuerte den Bus souverän. Entschädigt wurden wir durch den Blick auf die reizvolle hügelige Landschaft mit weiten Feldern, saftigen Wiesen und kleinen schmucken Dörfern.

Das erste Tagesziel ist erreicht: Bad Freienwalde

Die Stadt liegt reizvoll am Nordwestrand des Oderbruchs und grenzt an die Steilhänge des Hohen Barnim. Theodor Fontane schreibt in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg:„Diesen Bergen verdankt es alles, was es ist: von dort aus kommen seine Quellen und von dort aus gehen die Fernsichten ins Land hinein.” Aus dieser geografischen Lage resultiert auch der extrem große Höhenunterschied von ca. 150 m innerhalb des Stadtgebietes.
Bad Freienwalde ist die älteste Kur- und Badestadt der Mark Brandenburg. Im 17. Jahrhundert führte die Entdeckung heilkräftiger Quellen zur Gründung des Gesundbrunnens. Damit wurde der Grundstein für die Entwicklung zur Kurstadt gelegt. Die Zeit der preußischen Kurfürsten und
Könige war prägend für die Gestaltung des Stadtkerns und Kurviertels. Seit 1925 trägt Freienwalde die offizielle Bezeichnung Bad im Namen. Die endgültige Anerkennung als Moorbad erfolgte im Dezember 2003.
Hier befindet sich auch das nördlichste Skisprunggebiet Deutschlands! Kaum zu glauben, denkt man doch beim Thema Skispringen an ganz andere Regionen. Aber der Wintersport hat in Bad Freienwalde schon seit 1923 Tradition. In der Sprungschanzenanlage im Papengrund stehen jetzt vier Schanzen unterschiedlicher Größe: die kleinste eine K 10, die größte eine K 60 mit einem 32 m hohen, weithin sichtbaren Anlaufturm. Die Schanzen werden nicht nur für das Training regelmäßig genutzt, sondern auch für nationale und internationale Wettkämpfe.

Auf dem Parkplatz im Zentrum der Stadt angekommen, verließen wir den Bus und brachen zur Erkundung einiger Sehenswürdigkeiten auf. Der Weg zum Schloss Freienwalde forderte uns auch gleich, denn er führte „bergauf”.
2011 09 24 04Vor dem Eingang des Schlosses, das zu den Kleinodien preußischer Landbaukunst des Klassizismus gehört, informierte uns Herr Stuck über die Entstehungsgeschichte der Schlossanlage. Nach Plänen des Architekten David Gilly wurde es 1798/99 als Sommerwitwensitz für die Königin Friederike Luise von Preußen erbaut. Eingerichtet war es vorwiegend im Louis-seize-Stil. In der Zeit nach dem Tod der Königin im Jahr 1805 geriet das Schloss zunehmend in Vergessenheit, bis es Walther Rathenau entdeckte, der es 1909 erwarb und die historischen Räumlichkeiten wieder herrichten ließ. Er nutzte es vor allem als Arbeitsstätte und genoss die Ruhe, aber es diente auch als Ort des geistigen Austausches mit literarischen Freunden und engen Mitarbeitern. Nach seinem Tod schenkten dessen Erben Schloss und Schlosspark 1926 dem damaligen Kreis Oberbarnim. Als Auflage galt, das Anwesen der Bevölkerung zugänglich zu machen. Leider ging die kunstgeschichtlich wertvolle Innenausstattung 1945 durch Plünderung zum großen Teil verloren. Nach denkmalgerechten Restaurierungsarbeiten an der baulichen Hülle ist das Bauwerk seit 2007 in der Fassung der Rathenau-Zeit zu bewundern.
Bei einem Rundgang durch das Schloss erfahren wir in der unteren Etage, die mit Schautafeln, Mobiliar und kostbarem Zierrat ausgestattet ist, Interessantes über die Geschichte des Schlosses und die Königsfamilie.
Die obere Etage ist Walther-Rathenau-Gedenkstätte, die ein umfassendes Bild seiner Persönlichkeit zeigt – als Industrieller, Sozialphilosoph, Künstler und vor allem als Politiker, der 1922 ermordet wurde.
Die Besichtigung des Schlosses ist lohnenswert, denn der Besucher erhält einen anschaulichen Überblick in die preußische Königsgeschichte zu der Zeit Friedrich Wilhelms II.
Weitere Informationen im Internet

Im weiträumigen Schlossgarten, der 1792 für Königin Friederike Luise von Preußen auf dem Apothekerberg angelegt wurde, befinden sich auch der restaurierte Theaterpavillon, das alte Kastellanshaus sowie mehrere Skulpturen (u.a. vier Sandsteinkopien barocker Plastiken). Der Park wurde ständig erweitert und vervollkommnet, jedoch nach dem Tod der Königin zunehmend vernachlässigt. Die Umgestaltung zu einem englischen Landschaftspark erfolgte dann ab 1822 unter Aufsicht von Peter J. Lenné.
Da das Areal direkt am nordöstlichen Barnimhang liegt, bietet es durch die Berglage an Aussichtspunkten eine gute Fernsicht. Einige Mitfahrende erklommen auf einem steilen, sich windenden Weg einen solchen Aussichtsplatz, konnten allerdings durch das noch dichte Laubwerk der Bäume den Ausblick nur erahnen. Nach dem Abstieg lud eine Bank rund um die Luisen-Eiche direkt neben dem Eingang des Schlosses zu kurzer Rast ein. Gepflanzt wurde der Baum zum Andenken an die Königin.
Weitere Informationen im Internet

2011 09 24 072011 09 24 09Vom Schloss ging es weiter zum Marktplatz, an dessen oberen Ende sich die Stadtpfarrkirche St. Nikolai befindet. Dort vermittelte uns eine freundliche Stadtführerin Wissenswertes sowohl über das Bauwerk als auch über die Innenausstattung. Die Kirche gilt als das älteste Gebäude der Stadt. Sie ist ein gotischer Backsteinbau mit einheitlicher Renaissanceausstattung, der im13. Jahrhundert ursprünglich aus Feldsteinen errichtet worden war. Der Anbau des Turmes erfolgte 1522. Dieser wurde jedoch durch Brände mehrmals zerstört, bis er 1867 seine heutige Gestalt erhielt. Der Taufstein vom Anfang des 13. Jahrhunderts zählt zu den ältesten in der Mark.

2011 09 24 11Das im Jahre 1855 errichtete Rathaus mit seiner spätklassizistischen Fassade zieht auf dem Marktplatz ebenso die Blicke auf sich wie die über hundertjährige „Kaisereiche”.
Der Rundgang hatte doch etwas müde und hungrig gemacht, sodass alle dem Restaurant „Stadtmitte” zustrebten, wo wir mit großem Appetit eine leckere Mittagsmahlzeit einnahmen und unseren Durst 2011-09-24_Mahlzeitstillten. Gestärkt setzten wir mit dem Bus die Fahrt fort. Das zweite Tagesziel ist erreicht: Altranft

2011 09 24 13Bei prächtigem Altweibersommerwetter brachen wir in zwei Gruppen unter Leitung einer Museumsführerin zur Erkundung des Museumsdorfes auf. Altranft, gelegen am Westrand des Oderbruchs und am Ostrand des Barnim, war ursprünglich ein Fischerdorf, entwickelte sich nach 1753 zu einem kleinen Gutsbauerndorf und ist seit 1993 Ortsteil der Stadt Bad Freienwalde. Die Ortsbezeichnung lässt sich ableiten von „Ranft” in der Bedeutung von Kante/Rand. Das Brandenburgische Freilichtmuseum Altranft ist ein „lebendiges” Museum, das wesentliche Bereiche brandenburgischer Geschichte und des Alltagslebens der Bevölkerung vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart erlebbar macht. Die einzelnen Museumsgebäude befinden sich mitten im Dorf, alle Museumsobjekte, Schauanlagen und
Werkstätten sind am ursprünglichen Platz. Besonders wertvoll sind die museumspädagogischen Programme, bei deren Nutzung sich Kinder und Jugendliche aktiv mit der Vergangenheit beschäftigen können, also „Geschichte zum Anfassen”. So wird durch praktisches, entdeckendes Lernen Vergangenheit lebendig – beim Backen, Schmieden, Weben oder Dreschen.
2011 09 24 18Die Sonne meinte es sehr gut mit uns, als wir über Kopfsteinpflaster die Dorfstraße entlanggingen und an ausgewählten Objekten haltmachten, von denen hier nur einige erwähnt seien. Das Wasch- und Backhaus von 1880, die Schmiede von 1910, der Berg-Schmidt-Hof als typisches Mittelbauerngehöft mit Wohnhaus und Feldsteinscheune, die saniert und 1992 als Ausstellungshalle gestaltet wurde. Sie gibt über die Entwicklung der Getreideernte im Oderbruch Auskunft und zeigt diverse Schneid- und Dreschwerkzeuge sowie Maschinen als Beispiel für die Entwicklung der 2011 09 24 16Antriebskräfte. Nicht nur hier, sondern an allen Besichtigungsstätten wurde uns bewusst, wie schwer die Menschen zu damaliger Zeit arbeiten mussten und welche Erleichterungen der technische Fortschritt geschaffen hat. So manche Exponate kamen dem einen oder anderen auch aus Großmutters oder urgroßmutters Zeiten bekannt vor, erinnerten teilweise 2011 09 24 19sogar noch an eigenes Erleben. Im Schloss, erbaut im 16. Jahrhundert, zeugen restaurierte Zimmer im Obergeschoss von der Wohn- und Lebensweise der Gutsherrschaft. Im Erdgeschoss werden wechselnde Ausstellungen gezeigt. Natürlich gehört auch die Kirche zum Dorf. Die alte Fachwerkkirche von 1607 wurde abgerissen, 2011 09 24 201751 eine neue evangelisch-lutherische errichtet und 1752 geweiht. 1826 folgten die Erbauung eines neuen Turmes, Reparaturen sowie die Erweiterung des Innenraumes.
Weitere Informationen im Internet


Den Rundgang beendeten wir nach knapp zwei Stunden am Schloss, wo für uns im Café die Kaffeetafel gedeckt war.
Die Rückfahrt verlief ohne verkehrsbedingte „Überraschungen” und wir erreichten Zossen wohlbehalten wie geplant. Ein wunderschöner Tag, an dem wir neue Einblicke in die Geschichte unserer märkischen Heimat gewannen, ging zu Ende. Ein solches Erlebnis macht wirklich neugierig auf weitere Unternehmungen.
Alle teilnehmenden Vereinsmitglieder und Gäste danken dem Ehepaar Stuck für ihr großes Engagement bei der Vorbereitung und Durchführung dieses Ausflugs.

Bericht von Rosemarie Awdoschin Fotos: Klaus Andrae

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