08:30 Bushaltestelle Straße der Befreiung. Die meisten der Teilnehmer an diesem Vereinsausflug hatten sich bereits hier eingefunden.
Die roten Leuchtziffern an der Busuhr zeigten bereits 09:39. Wäre der Bus nach dieser Zeit losgefahren, hätten ihn einige nicht mehr erreicht. Aber schnell wurde festgestellt, diese Uhr geht neun Minuten vor. Karola Andrae ging mit der Teilnehmerliste durch den Bus und tat laut kund: Frau Miersch fehlt. Jetzt rätselten alle, was denn mit ihr sein könnte. Am nächsten Halt auf dem Markt fand sie sich dann doch noch ein. Dafür fehlten jedoch drei andere, die eigentlich teilnehmen wollten. Beim letzten Halt in Dabendorf bestiegen dann noch die restlichen Teilnehmer den Bus.
Für Dagmar und Rainer Rösch war die erste Sitzreihe reserviert, denn sie hatten den Ausflug organisiert und leiteten den Busfahrer mit seinen Gästen sicher zum Friedhof in Stahnsdorf. Dagmar Rösch war in Stahnsdorf aufgewachsen, und sie habe in der Gaststätte am Friedhof auch ihren Mann kennengelernt.
Am Friedhof begrüßte Jürgen Böhm, Vorsitzender des Stahnsdorfer Heimatvereins, die Mitglieder und Gäste des Zossener Heimatvereins. Zunächst führte der Weg zu dem Platz vor dem Christus-Relief. „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“. Geschaffen von Karl Ludwig Manzel (* 3. Juni1858 in Kagendorf in Vorpommern; † 20. Juni1936 in Berlin). „Ursprünglich war das Relief für eine neu zu errichtender Kirche in Gnesen gedacht, so Böhm, „Da die Stadt jedoch 1920 an Polen abgetreten wurde, kam es nicht mehr dazu.“ Die 24 Figuren auf dem Relief zeigen an verschiedenen Gebrechen Leidende, die von Christus Hilfe erhoffen. „Gleich links neben Christus neigt eine Frau ihr Gesicht nach vorn. Sie führt eine blinde Frau. Das geneigte Gesicht ist ein Abbild der Frau Manzels. In mehreren seiner Werke findet sich das Gesicht seiner Frau wieder.“
Christusdenkmal |
Jetzt erfuhren alle noch etwas über die Größe des Friedhofs. Er ist mit 206 ha der zweitgrößte Friedhof in Deutschland. Von den 206 ha würden derzeit 155 ha als Friedhof genutzt. Er wurde vom Garteningenieur der Berliner Stadtsynode Louis Meyer gestaltet und 1909 eröffnet. Das explodierende Bevölkerungswachstums im Berlin um 1900 ließ die Friedhofplätze knapp werden. Deshalb erwarb die Berliner Stadtsynodalverband Flächen im Umland. Die Geschichte des Friedhofs lässt sich gut nachlesen bei Wikipedia und auf der Internetseite des Fördervereins. Auf Wikipedia findet sich auch eine Liste aller bekannten Persönlichkeiten, die dort ihre letzte Ruhe gefunden haben. Auf der Interseite des Fördervereins finden sich unter anderem auch ein Plan der Grabstätten, Informationen zur Friedhofskapelle und eine Bildergalerie. Wie sollten aber die Berliner nun zu den Begräbnisstätten ihre Lieben kommen? Die Berliner Stadtsynode wandte sich an die Bahn. Diese habe jedoch keinen Bedarf gesehen, so habe sich Synode entschlossen den Bahnanschluss selbst zu bauen. Doch bald widerten Grundstücksmakler hier ein Geschäft und unterstützten den Bau, letztlich nicht zu ihrem Schaden.
Da noch Zeit bis zum Eintreffen des zweiten Führers verblieb, informierte Böhm ausführlich über den jetzigen Streit um die Bahnanbindung. S-Bahn oder Regionalbahn, Sackbahnhof oder Umfahrung, das scheinen die Streitpunkte zu sein. Pünktlich 10.00 Uhr traf dann Gerhard Petzholtz ein. Jetzt wurde die Gruppe geteilt. Diejenigen, die gut zu Fuß waren folgten Jürgen Böhm, die nicht so gut zu Fuß waren und sich selbstironisch als Schildköten bezeichneten, folgten Gerhard Petzholtz.
Beim Gang durch die Friedhofsanlage fällt erst einmal die gepflegte, in vielem der Natur überlassene, Landschaft auf. Die Kirche, in nur sechs Monaten erbaut, ähnelt der Stabkirche Vang, einer mittelalterlichen norwegischen Stabholzkirche, die 1841 vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. erworben wurde. Er ließ sie abtragen und im heutigen Karpacz wieder aufstellen. „eine Zeit lang nahmen wir an, unsere Kirche sei auch eine Stabholzkirche“, so Böhm, „doch wir mussten uns korrigieren. Es handelt sich bei unserer Kirche um eine Kirche in waagerechter Blockbauweise handelt.“ Die Kirchenglocken wurden in Bochum gegossen, die Sauer-Orgal in Mühlrose hergestellt. Heute wird die Kirche hauptsächlich für Trauerfeiern und wegen ihrer guten Akustik als Konzerthalle genutzt.
Einige Grabstätten an denen die Gutzufußgruppe Halt machte:
- Friedrich Wilhelm Murnau; auch F. W. Murnau (* 28. Dezember 1888 als Friedrich Wilhelm Plumpe in Bielefeld; † 11. März 1931 in Santa Barbara, Kalifornien) gilt als einer der bedeutendsten deutschen Filmregisseure der Stummfilmära.
- Gustav Kadelburg, hier erwartet die Besucher eine Collage aus Liedern und Texten zu seinem bekannten Lustspiel „Im weißen Rössl“,
- Grabstätte des Alexander Heinrich Rudolph von Kluck (* 20. Mai 1846 in Münster (Westfalen); † 19. Oktober 1934 in Berlin) war ein preußischer Generaloberst und Armeeoberbefehlshaber im Ersten Weltkrieg.
- Kadelburg Mausoleum errichtet 1925 - Gustav Kadelburg, österreichischer Schauspieler und Lustspielautor
- expressionistisches Grabdenkmal für August Wissinger, einem Samengroßhändler geschaffen von Max Taut 1921 Eigentlich sollte dieses Grabmal noch mit buntem Glas ringsherum verglast werden.
- Grabmal mit den drei Nornen aus der germanischen Mythologie
- Grabanlage Werner von Siemens, 13.12.1816-06.12.1892
- Neben der Siemensanlage die Grabstätte eines der Ingenieure und Manger, Max Haller, 23.03.1867-26.05.1935
- Grabstätte Lambsdorff, Otto Friedrich Wilhelm von der Wenge, Graf Lambsdorff,20.12.1926-5.12.2009
- Dr. Friedrich Weissler, Mitglied der bekennenden Kirche, 28.04.1891 umgekommen 19.02.1937 im KZ Sachsenhausen
- Grabstätte Wilhelm Kuhnert, Tiermaler - Brehms Tierleben, 28.01.1865 - 11.02.1926
- Grabstätte Heinrich Zille, 10.01.1858 - 09.08.1929 Pinselheinrich, Heinrich Zille, wurde hier unter großer Anteilnahme beigesetzt. Etwa zweitausend Trauergäste reihten sich in den Trauerzug ein.
- Legatioinsrat Krebs, 05.11.1887-31.03.1930, beherrschte 60 Sprachen in Wort und Schrift Familienmausoleum Hardeneck
- Grabstätte eines Kapitäns und seiner Familie
Nach so viel Informationen und einem ausgedehnten Spaziergang war Stärkung nötig geworden. Nach kurzer Busfahrt kehrte, die nun wieder vereinte, Truppe im Schnitzelhaus ein. Nach der Vorspeise wurden Schnitzel aufgetragen und dazu als Beilagen Kartoffeln, Bratkartoffeln, Spätzle, Buntes mit Paprika, Champignons serviert. Dagmar Rösch kannte diese Gaststätte noch aus ihren Abiturzeiten: „Hier haben wir oft Rambazamba veranstaltet.“
Stahnsdorfer Hof |
Der zweite Teil des Ausfluges gestaltete sich dann ganz anders. Nach kurzer Busfahrt, die nicht einmal für ein Mittagsschläfchen reichte, legte unter lauten dreifachen Schiffssirenengeheul das Fahrgastschiff, viele sagen dazu immer noch Dampfer, zur Siebenseenrundfahrt ab. Half auf dem Friedhof noch der Schatten der Bäume die Hitze erträglicher zu machen, so schipperte jetzt die Gruppe unter sengender
Sieben - Seen - Rundfahrt Impressionen
Sonne durch sieben Seen, den Kleinen Wannsee, über den Pohlesee, Stölpchensee, Griebnitzsee, die Glienicker Lake, den Jungfernsee und über die Havel zurück zum Großen Wannsee. Nicht nur viele Villen am Ufer, sondern auch viel geschichtsträchtiges: der Sommersitz von Kaiser Wilhelm I und UNESCO Weltkulturerbe, die Glienicker Brücke die Truman-Villa und die Churchill-Villa, das Schloss Cecilienhof, Fahrt durch die Glienicker Brücke, Haus der Wannseekonferenz.
Nicht geplant war die Sauna im Anschluss. Entweder funktionierte im Bus die Klimaanlage nicht oder er hatte gar keine.
Den Organisatoren, den Führern, der Kassiererin, dem Busfahrer ein herzliches Dankeschön!!!
Text und Fotos: Dr. Rainer Reinecke